Die Frage nach einer Herzbeteiligung bei Ansteckung und Krankheit durch das Coronavirus ist Gegenstand intensiver Forschung und, um es vorausschickend festzuhalten, gegenwärtig nicht abschließend beantwortet. Neben vielen anderen haben Ärzte aus Hamburg (1) und Frankfurt am Main (2) versucht, sich einer Antwort mit unterschiedlichen Untersuchungsverfahren anzunähern.
Ansteckung und Krankheit sind nicht dasselbe
Für das Verständnis der Untersuchungsergebnisse ist die Kenntnis von 2 grundlegenden Aspekten wichtig. Erstens geht eine Ansteckung einer Erkrankung zwar voraus, aber nicht jede Ansteckung führt zwangsläufig zu einer Krankheit. Ansteckung und Krankheit sind nicht dasselbe. Zweitens geben bildgebende Untersuchungsverfahren, wie Röntgen, Computertomografie oder Magnetresonanztomografie (MRT) oft nur Hinweise. Eine Ansteckung oder Krankheit können diese Verfahren in der Regel nicht beweisen.
In Gewebeproben kein Untergang von Herzmuskelzellen
Hamburger Kollegen haben Gewebeproben der Herzen von 39 schwer durch das Coronavirus erkrankten und verstorbenen Patienten untersucht, welche im Rahmen einer inneren Leichenschau bzw. Leichenöffnung gewonnen wurden. Dabei wurde zwar häufig eine Ansteckung des Herzens mit dem Coronavirus, aber keine Herzkrankheit im Sinne einer Herzmuskelentzündung gefunden. Das heißt, bei 2/3 der Patienten konnte das Coronavirus zwar im Herzen nachgewiesen werden, auch konnten eine Krankheit der Bindegewebszellen zwischen den Herzmuskelzellen im Herzmuskel gefunden werden. Aber bei keinem Patienten führte das zu einem Untergang von Herzmuskelzellen.
MRT Veränderungen auch bei leichter Krankheit
Frankfurter Kollegen haben 100 Patienten im Mittel 2 Monate nach dem Nachweis einer Coronavirus Krankheit mit einer bildgebenden MRT Untersuchung des Herzens untersucht. 2/3 dieser Patienten waren nur leicht erkrankt und erholten sich zu Hause, 1/3 der Patienten mussten im Krankenhaus behandelt werden.
3/4 der 100 Patienten zeigten in der MRT Untersuchung Hinweise auf eine Herzmuskelentzündung bis hin zu leichten Herzmuskelvernarbungen und Herzbeutelbeteiligung. Allerdings ist der Zusammenhang der Hinweise in der MRT Untersuchung und dem tatsächliche Krankheitsverlauf unklar. So waren auch sehr stark ausgeprägte Veränderungen in der MRT Untersuchung nicht mit schwerer Krankheit, Krankenhausbehandlung oder Untergang von Herzmuskelzellen in Gewebeproben verbunden.
Ansteckung des Herzens häufig, Krankheit aber nicht
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Ansteckung des Herzens mit dem Coronavirus häufig zu sein scheint. Aber eine dadurch verursachte Herzkrankheit im Sinne einer die Herzleistung akut vermindernden Herzmuskelentzündung tritt mutmaßlich nur selten auf.
Ein Untersuchungsverfahren, wie zum Beispiel die für die Beurteilung des Herzmuskels prinzipiell sehr gut geeignete MRT Untersuchung, ist allein nicht in der Lage, Entscheidungen zur Feststellung und Behandlung einer Krankheit des Herzens durch das Coronavirus zu treffen. Dazu ist die zusammenfassende Beurteilung der Ergebnisse verschiedener Untersuchungen notwendig.
- Lindner D, Fitzek A, Bräuninger H, et al. Association of Cardiac Infection With SARS-CoV-2 in Confirmed COVID-19 Autopsy Cases. JAMA Cardiol. Published online July 27, 2020. doi:10.1001/jamacardio.2020.3551
- Puntmann VO, Carerj ML, Wieters I, et al. Outcomes of Cardiovascular Magnetic Resonance Imaging in Patients Recently Recovered From Coronavirus Disease 2019 (COVID-19). JAMA Cardiol. Published online July 27, 2020. doi:10.1001/jamacardio.2020.3557